Jeder, der sich irgendwann mit dem Gedanken an eine eigene Webseite beschäftigt hat, kennt WordPress. Es heißt, man muss kein HTML-Künstler sein um eine Seite zusammen zu bringen. Und auch Laien, sagt man, kommen mit WordPress gut zurecht. 

Der überwiegende Teil unserer Kunden pflegt seine Webseite selbst. Aber eine relativ konstante Zahl kapituliert früher oder später vor dem Backend. Ich vermute, dass der Löwenanteil an alten und ungepflegten Systemen da draußen auf das Konto der Überforderten geht, bei denen der Flirt mit WordPress nur von kurzer Dauer war.

In einem CMS stecken eine Menge abstrakter Denkmodelle: Das Konzept von Backend und Frontend ist für Laien schwer zu begreifen. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Funktionen von Beiträgen und Seiten sowie die Systematik von Tags und Kategorien.

Das Versprechen von der einfachen Bedienbarkeit

WordPress ist als Blogging-Plattform angetreten. Jeder Blogger kann mit WordPress in kurzer Zeit eine Webseite aufsetzen, nach den berühmten fünf Minuten Installation – so lautet das Versprechen – steht das neue Blog.
Die Laienkompatibilität ist damit die Wurzel der Erfolgsgeschichte von WordPress.

Inzwischen ist WordPress ein CMS. Die blogtypische Struktur ist noch da, trotzdem – ich würde sogar sagen: gerade deshalb – kann man mit WordPress alles umsetzen, was im modernen Web gebraucht wird. Das hat seinen Preis, WordPress ist längst nicht mehr das schlanke Tool für’s schnelle Bloggen.

Der lange Weg zu den Inhalten

WordPress steht in dem Ruf, dass auch Laien damit gut zurecht kommen. Für uns WordPress-Dienstleister ist das wichtig, weil wir nur dann zufriedene Kunden haben, wenn sie gut mit ihrer Seite arbeiten können.

Meine Erfahrungen mit dem Thema „Kunden & WordPress“ sind sehr gemischt. Die Wenigsten haben eine Vorstellung davon, was ein Redaktionssystem ist. Sie würden am Liebsten direkt „auf der Webseite“ arbeiten, also im Frontend etwas anklicken und drüberschreiben.

Es gibt Systeme, die das anbieten, zum Beispiel Unify, ein kleines CMS für statische Seiten. Auch in WordPress kann man das einbauen, zum Beispiel mit diesem Plugin. Aber das Frontend-Editing wirkt in der WordPress-Umgebung fremd. Die Methode fügt sich nicht logisch in die Konstruktion von WordPress ein und für den Kunden wird es meiner Erfahrung nach nicht wirklich leichter. An der Auseinandersetzung mit der Backend/Frontend-Systematik führt kein Weg vorbei, die Lernkurve bleibt.

Mit dem Customizer geht WordPress zwar ein bisschen in Richtung Frontend-Editing – man kann Dinge, die man ursprünglich nur im Backend tun konnte, jetzt im Frontend erledigen. Über den Customizer kann man sehr schön Anpassungen am Theme und System-Einstellungen vornehmen. Aber der Customizer ist nicht dafür gedacht, Inhalte zu bearbeiten. Kunden, die im Wesentlichen ihre Inhalte pflegen möchten, kommen mit dem Customizer nur wenig in Berührung.

Was meinem Gefühl nach fehlt

1. Ein übersichtliches Backend
Im WordPress Backend sind Design, Struktur, Inhalte und Einstellungen nicht klar getrennt. Ein Beispiel: Momentan wohnen Widgets und Menüs gemeinsam unter dem Menüpunkt „Design“. Beides hat mit Design aber nichts zu tun, Widgets sind Inhaltselemente, und die Menüs sind ein Teil der Struktur.

2. Ein Konzept zur intuitiven Bearbeitung von Inhalten
Die Arbeit an den Inhalten ist der Vorgang, der mit Abstand am häufigsten anfällt und müsste folglich die oberste Priorität in der Nutzerführung haben. Momentan kommt man im Backend aber erst nach mehreren Klicks bei einem Artikel an.

An dieser Stelle verliere ich fast jeden Kunden bei der Einführung in WordPress: Wir wechseln ins Backend und landen in einer fremden Welt. Denn das einzig Vertraute – die Bilder und Texte meiner Kunden – ist verschwunden.
Gut wäre es, wenn die Inhalte sofort sichtbar wären, zum Beispiel in einem Seitenbaum (huhu, TYPO3). Dieses Konzept ist vielleicht nicht hübsch, aber gut eingeführt und damit gut verständlich. Auch dafür gibt es Plugins, aber die Arbeit damit ist hakelig.

Fazit

Es gibt unzählige Erweiterungen, die man einbauen kann, um es den Kunden leichter zu machen, aber das Backend wird damit nicht wirklich besser. Es wird nur unübersichtlicher und komplexer.

Man müsste das Backend neu denken. Neue Ziele setzen, die Usability neu definieren. So etwas ist extrem schwer bei einem Produkt, das es schon so lange gibt und das so weit verbreitet ist. Aber denkbar wär’s und ich glaube, es wäre wichtig, gerade auf lange Sicht und mit Blick auf die nächsten 10 Jahre WordPress.