Im letzten WP Letter stand ein Hinweis auf einen interessanten Artikel: Scenarios Where WordPress May Not Be the Best Option. In dem Artikel geht es darum, dass WordPress für manche Projekte keine gute Passung ist.

Der Autor spricht dabei zwei Aspekte an, die bei uns Webworkern regelmäßig für Frust sorgen. Wir bauen eine schöne Website und erklären dem Kunden, wie wichtig es ist, regelmäßig neuen Content zu erstellen. Aber der Kunde hat dafür weder Kapazität noch Interesse. Wir erklären ausserdem, dass seine Website regelmäßige Updates braucht. Aber wenn wir nach einem halben Jahr wieder vorbeischauen, ist kein einziges Update passiert.

Das kann man jetzt doof finden, aber es gibt nach wie vor viele Websites, die eher eine „Broschüre im Netz“ sind. Der Content wird einmal erstellt und ändert sich bis auf Kleinigkeiten nicht mehr.
Die Besitzer solcher Websites verstehen nicht, dass dieses WordPress regelmäßig Wartung und Updates haben will. Was nachvollziehbar ist, denn sie machen ja nichts mit der Website.

Leistungsfähige Technik will gepflegt werden

Die großen CMS-Systeme wie WordPress, TYPO3 und Drupal sind sehr leistungsfähig. Mit ihnen lassen sich Websites in jeder beliebigen Größe betreiben, von klein bis riesig.

Aber nicht jedes Projekt braucht sämtliche CMS-Funktionalitäten. Für eine kleine Website kann ein CMS überdimensioniert sein. Es gibt Tools, die diese Lücke füllen. Zum Beispiel Flat File CMS-Systeme wie Kirby, Typemill, Grav etc. oder Statische Site Generatoren wie Hugo, Gatsby, Jekyll etc.

Diese Systeme sind schlank und schnell und kommen ohne Datenbank aus. Die Sicherheitsrisiken sind deutlich kleiner als bei einem klassischen PHP-Framework.

Preisfrage: Auf welches Pferd setzen?

Wer sich nach schlanken Alternativen zu WordPress umschaut, stößt allerdings schnell auf eine Menge Fragen.

  • Wie finde ich raus, welches Tool zu meinem Projekt passt?
  • Wie aktuell ist Tool X? Wird es aktiv weiterentwickelt?
  • Wo finde ich einen Dienstleister?

Auch Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. Ein kleines System, das von einem einzelnen Entwickler unterhalten wird, kann schon morgen nicht mehr da sein. Selbst wenn das Produkt sehr erfolgreich ist und die Qualität stimmt. Der Markt ist hart umkämpft, Projekte wechseln ihren Besitzer, Menschen verändern ihren Interessens-Schwerpunkt.

Hier hat ein großes System wie WordPress natürlich Vorteile. Es wird von einer breiten Basis an Entwicklern getragen, seine Position am Markt ist stabil. WordPress wird sehr wahrscheinlich auch in fünf Jahren noch gut dabei sein.

Es gibt einen weiteren Aspekt, den ich wichtig finde. WordPress ist relativ einfach aufzusetzen und zu handhaben. Auch nicht code-affine Menschen können mit WordPress umgehen, sie sind schließlich die Zielgruppe des Produkts.
Darunter befindet sich eine große Gruppe an Dienstleistern ohne tiefere Code-Kenntnisse, die davon leben, Websites mit WordPress aufzusetzen. Mit vielen Nischen-Systemen kommt man aber ohne Coding-Wissen schnell an Grenzen. Deren Zielgruppe ist eher die Entwickler-Gemeinde.

Und noch ein abschließender Gedanke: Je „größer“ das System, desto mehr Dienstleister sind verfügbar. Wenn ich mich mit dem einen WordPress-Dienstleister verkrache, finde ich schnell einen neuen. Das kann bei einem kleinen System schwierig werden.

Ich hab mir viele CMS-Tools angeschaut. Weil mir klar ist, dass es Projekte gibt, bei denen WordPress nicht so wirklich passt. Aber ehrlich gesagt konnte ich mich bisher für keines entscheiden. Es gab immer irgendwas, das mich störte. Und jeder Entwickler-Kollege empfiehlt mir etwas anderes.

Das beste aus beiden Welten

WordPress hat also ein paar wichtige Vorteile auf seiner Seite.

  • Niedrige Einstiegsschwelle – auch Nicht-Coder können eine Website aufsetzen
  • Sehr breite Basis an Entwicklern und Dienstleistern
  • Stabile, zukunftssichere Marktposition

Ein interessanter Ansatz ist, beide Welten zusammen zu bringen. Also mit WordPress eine Website bauen und die dann in eine statische Site umwandeln.

Es gibt ein Plugin, das genau das macht: Simply Static. Das Plugin erzeugt aus einer WordPress-Site eine statische Website. Ich habe mir das Plugin angeschaut.

Zunächst mache ich ganz normal meine Arbeit innerhalb einer WordPress-Installation. Wenn ich fertig bin, kann ich über Simply Static die statischen Dateien erzeugen lassen. Die Dateien liegen in ein zip-Archiv verpackt im Plugin-Verzeichnis. Dieses zip-Archiv kann ich per FTP in das Haupt-Verzeichnis meiner Domain hochladen, unter der die statische Website erscheinen soll.

In diesem Verzeichnis befinden sich nur die statischen Dateien, es ist dort KEINE WordPress-Installation vorhanden. Das heißt, die Website ist nicht angreifbar, weil sich keine Skripte auf dem Server befinden, die man hacken könnte.
Bei meinem Test ließ sich die statische Website übrigens problemlos aufrufen.

Laut Dokumentation kann das Plugin auch mit Kommentaren und mit Formularen umgehen. Es gibt ausserdem einen Deployment-Prozess, so dass man die Website über eine Subdomain oder lokal entwickeln kann und das händische Hochladen der zip-Datei entfällt.

Was über eine statische Website nicht geht: Alles, was Nutzerkonten braucht, also WooCommerce, Memberships etc.

Fazit

Ich werde die Option statische Website im Hinterkopf behalten. Ich finde, das ist ein gutes Angebot für Kunden, die definitiv nicht daran interessiert sind, sich um ihre Website zu kümmern. Oder die aus anderen Gründen eine „wartungsfreie“ Lösung haben wollen. Das Plugin Simply Static macht auf mich einen sehr guten Eindruck und ich werde es bei passender Gelegenheit einsetzen.

Es gab für diesen Einsatzzweck noch ein weiteres Plugin WP2Static, aber das wird meines Wissens nicht mehr weiterentwickelt. Neben der Plugin-Lösung gibt es noch eine Reihe von kostenpflichtigen Angeboten, die einen Serverless/Headless-Ansatz verfolgen, zum Beispiel strattic, hardypress oder shifter.