So ganz allmählich kommen die Themes mit dem neuen Standard-Editor bei den Anwendern an. Wir bekommen mehr und mehr Anfragen, wann es denn sinnvoll ist, zum neuen WordPress-Editor, auch Gutenberg genannt, zu wechseln.

Ich mache ich mir Gedanken zu zwei Szenarien:

  1. Kleine Website/persönliches Blog
  2. Mittelständisches Unternehmen

In diesem Artikel geht es um Websites von mittelständischen Unternehmen, die mit einem Custom Theme arbeiten, das auf der Basis des Plugins „Advanced Custom Fields“ (ACF) aufgebaut wurde.

Wenn du eine Website betreust, die eine Agentur auf diese Weise aufgebaut hat, dann ist dieser Artikel für dich. Ich schaue mir an, was so ein Theme ausmacht und welche Vor- und Nachteile es hat. Und ich mache mir Gedanken dazu, wann es sinnvoll sein kann, den Übergang zu Gutenberg in Betracht zu ziehen.

Pagebuilder-Themes und -Plugins wie Divi, Avada, Enfold oder Elementor sind ein anderes Thema. Hier kannst du etwas dazu lesen: Warum es eine Überlegung Wert ist, deine Website mit Gutenberg zu bauen.

ART UND FUNKTION DER WEBSITE
Auf der Website präsentiert sich ein mittelständisches Unternehmen. Das Unternehmen stellt seine Produkte und Leistungen vor. Meistens arbeiten mehrere Menschen mit unterschiedlichen Nutzerrollen mit der Website.

Die Website hat eine etwas komplexere Struktur. Die statischen Seiten haben ein aufwändiges Layout, es sind Inhalte unterschiedlicher Art und Qualität zu organisieren. Es gibt vielleicht einen Shop, ein Buchungs-Tool oder andere, anspruchsvolle Erweiterungen.

Solche Websites sind häufig mit einem individuellen Theme gebaut, das eine WordPress-Agentur eigens für das Unternehmen erstellt hat. Oft greifen die Agenturen dabei auf das Plugin „Advanced Custom Fields“ zurück. Damit bekommen die Kunden ein Layout-Schema, in die sie sehr einfach ihre Inhalte einfüllen können.

WordPress-Theme mit ACF – was ist das?

Vor 2018 konnte man mit dem eingebauten WordPress-Editor keine anspruchsvollen Designs umsetzen. Man konnte einen Text schreiben, ihn mit Überschriften gliedern, aber das war’s dann auch schon. Der Editor produzierte einen großen, zusammenhängenden Textblock, Layout-Funktionen gab es nicht.
Diese Lücke wurde durch Pagebuilder-Plugins gefüllt. Aber wenn man damit ein individuelles Design umsetzen wollte, konnte das recht mühsam sein. Pagebuilder bringen viel eigenes CSS und eine sehr verschachteltes HTML-Struktur mit.

Deshalb haben viele Agenturen auf eine andere Methode gesetzt. Mit dem Plugin “Advanced Custom Fields” kann man eine Art individuellen Baukasten zusammenbauen. Man kann Bereiche auf der Website definieren, in die die Redakteurinnen Inhalte eingeben können. Diese Bausteine kann man ganz nach Belieben zu einem Layout zusammenbauen.

Der große Vorteil für die Agentur: Man hat am Ende nur das HTML und das CSS, das man tatsächlich braucht.
Der Vorteil für die Kunden ist, dass sie eine sehr einfach zu bedienende Website bekommen. Sie müssen nur vorgegebene Felder befüllen. Das Design kann dabei nicht kaputt gehen.

Damit das alles reibungslos klappt, blenden die Autoren den WordPress-Editor aus. Manchmal wird der alte Editor noch eingesetzt, aber der neue, Standard-Editor („Gutenberg“) wird in der Regel deaktiviert.

Aber wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten: Die Redakteure können die Struktur und Layout der Seiten nicht beeinflussen, sie können lediglich mit den vordefinierten Feldern arbeiten. Der Aufbau der Webseite ist damit komplett starr. 
Soll das Layout einer Seite verändert werden oder werden Elemente für neue Inhalte gebraucht, muss das auf Code-Ebene passieren. Das heißt: Jede Änderung muss über die Agentur laufen, die das Theme erstellt hat.

Vor 2018, als es den neuen WordPress-Editor noch nicht gab, war das einfach so. Auch wir haben Websites auf diese Weise gebaut.

Was macht der neue Editor anders als ACF?

Mit dem neuen Editor können Redakteurinnen nicht nur Texte und Bilder einpflegen. Sie können auch das Layout gestalten. Sie können Seiten neu strukturieren, die Position und das Aussehen von Elementen bestimmen und vieles mehr. Damit sind sie selbständiger und können mehr mit ihrer Website machen.
Ja, dabei kann auch mal was umfallen. Damit muss man dann leben.

Der neue Standard-Editor von WordPress ist fester Bestandteil des WordPress-Core. Jedes standardkonforme Theme kann mit dem neuen Editor arbeiten. Um anspruchsvolle Layouts umzusetzen braucht man keine Dritt-Anbieter-Plugins mehr. ACF und Pagebuilder-Plugins werden nicht mehr gebraucht.

WordPress macht sich fit für die Zukunft

2016 begann eine grundlegende Modernisierung von WordPress. Seit 2018 ist der neue WordPress-Editor fester Bestandteil von WordPress. Grund für den Umbau war die Situation, wie ich sie oben beschrieben habe: Der alte Editor hatte keinerlei Layout-Funktionen. Wenn man trotzdem Layouts bauen wollte, musste man faktisch „an WordPress vorbei“ arbeiten.

Der neue Editor macht alles anders. Das bedeutet, dass die Umstellung auf den neuen Editor tief in die Strukturen von WordPress eingreift. Theme-Autoren müssen ihre Prozesse komplett umstellen.
In der Anfangsphase gab es gefühlt jede Woche neue Änderungen– nicht alle Entwickler und Agenturen hatten die Zeit und die Nerven sich darauf einzustellen.

Aber wie es mit Veränderungen so ist, sie passieren. Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl mit dem neuen Editor und habe mich frühzeitig damit auseinander gesetzt. Das war nicht immer angenehm. Ich musste an allen Ecken und Enden meine Routinen verlassen und viel Neues lernen. Das ist bis heute so.

Die Entwicklung des Editors geht weiter und es gibt viele neue, spannende Konzepte, die uns in den nächsten WordPress-Versionen erreichen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Anwender. Ziel aller Veränderungen ist es, die Arbeit mit WordPress für sie leichter und zeitgemäßer zu machen.
Für Theme-Autoren und Entwickler ist dadurch das Leben gerade ein bisschen unbequem. Aber das ist Teil unseres Jobs.

Natürlich kann man auch heute noch Themes über „Advanced Custom Fields“ aufbauen. Aber mittel- und langfristig sehe ich darin keine zukunftssichere Basis für eine Website.
Das sieht man übrigens auch am ACF-Plugin selbst. Die Autoren haben das Plugin komplett neu ausgerichtet. Inzwischen liegt der Schwerpunkt woanders: Man kann mit ACF sehr schön eigene Blöcke für den neuen Editor erstellen.

Wann ist ein Wechsel zu zu einem Theme mit dem neuen Editor sinnvoll?

Es gibt drei Leit-Fragen, an denen du dich orientieren kannst, wenn es um die Entscheidung geht „Neuer Editor oder nicht“.

  • Wie zufrieden seid ihr mit der Website?
  • Wie gut klappt die technische Betreuung?
  • Stehen größere Umbauten und Veränderungen an?

1. Zufriedenheit

Wenn alle Beteiligten mit der Website zufrieden sind und gut damit zurechtkommen, muss man nicht unbedingt etwas verändern. Never change a running system.

Anders sieht es aus, wenn es immer wieder irgendwo klemmt. Wenn ihr Probleme mit dem Einpflegen von Inhalten habt, wenn irgendwelche Dinge nicht so wie gewünscht funktionieren – dann könnte ein Wechsel zum neuen Editor interessant sein.

2. Technische Betreuung

Redakteurinnen haben bei einem ACF-Theme wenig Gestaltungsfreiheit. Soll etwas am Layout geändert werden oder werden neue Elemente für neue Inhalte gebraucht, muss das auf Code-Ebene passieren.

Wenn es jemanden bei euch im Team gibt, der sich gut mit PHP, CSS und JS auskennt und sich um diese Arbeiten kümmert, wäre das ideal. Vielleicht arbeitet ihr auch fest mit einer Agentur zusammen, die eure Wünsche umsetzt.

Klappt das alles gut, seid ihr mit einem ACF-Theme gut beraten. Funktioniert es an dieser Stelle nicht so gut, weil z.B. die Umbauten sehr lange dauern oder die Kosten dafür aufs Budget drücken, dann könnte der neue Editor eine Überlegung wert sein.

3. Umbauten und Änderungen

Wenn ihr größere Umbauten an der Website plant, müsst ihr auf jeden Fall Zeit und Geld ins Coding investieren. Je nachdem, wie umfangreich die Arbeiten sind und welche Ziele erreicht werden sollen, kann es sinnvoll sein, den neuen Editor in die Rechnung mit einzubeziehen.

Damit wäre die Investition am Anfang etwas höher. Aber mittelfristig lassen sich Kosten sparen, weil die Redakteurinnen danach mehr Gestaltungs-Spielraum haben. Sie können Vieles direkt im Editor umsetzen, was zuvor nur mit Entwickler-Hilfe im Code gemacht werden konnte.

Fazit

Websites verändern sich. Das Angebot auf eurer Website wird in fünf Jahren ein anderes sein als heute. Auch die Technik entwickelt sich weiter. Eine Website hält darum nicht ewig, es liegt in der Natur der Sache, das man sie regelmäßig an neue Gegebenheiten anpassen muss.

Das letzte Jahr hat uns gezeigt, dass Unternehmen, die konstruktiv und aktiv mit Veränderungen umgehen, auch in schwierigen Zeiten gut damit fahren.
Vanessa Giese, Bloggerin und Unternehmensberaterin, die ich sehr gerne lese, schreibt zum Thema „Kontinuierlicher Wandel“:

„2020 haben wir gesehen: Große Baustellen kann man lange aussitzen. Aber sobald Unvorhergesehenes geschieht, gerät alles sofort an den Rand des Zusammenbruchs. Wer in seiner Branche und in seiner Organisation schon vor der Krise eine Kultur der kontinuierlichen Entwicklung geschaffen hat, wer in kleinen Schritten stetig voran ging, dem fiel auch kein Innovationsstau auf die Füße.“

Vanessa Giese