Wenn man sich im Netz nach Empfehlungen zu Redaktionssystemen umschaut, dann stehen OpenSource-Produkte ganz oben auf der Liste. Man kann sie kostenlos downloaden und sofort loslegen. Wenn man mal nicht weiterkommt, postet man seine Frage in einem der vielen Foren.
Daneben gibt es Programme, für die die Entwickler eine Lizenzgebühr verlangen. Aber warum Gebühren bezahlen, wenn man das Ganze kostenlos haben kann?
Ich arbeite viel mit WordPress, einem der BigPlayer auf dem Feld der OpenSource-Redaktionssysteme. Je besser ich mich auskenne, desto lieber arbeite ich damit. Aber ich kenne auch die Tücken. Das Suchen nach Fehlern, das tagelange Herumprobieren, wenn es um eine Lösung abseits der ausgetretenen Pfade geht.
Meist hilft eine Google-Suche weiter. Die WordPress-Entwickler rund um den Erdball teilen sehr freigiebig ihr Wissen mit anderen. So gesehen müssten mich die kommerziellen Systeme nicht interessieren. Oder doch?
Die Sache mit der Nutzerführung
OpenSource-Systeme werden von einer Community getragen, wenige „hauptamtliche“ Entwickler treiben die Software voran, unterstützt von unzähligen ehrenamtlichen Helfern.
Über die Jahre entwickelt sich das System immer weiter, neue Funktionalitäten kommen dazu, das Backend wird immer komplexer.
Bei einem kommerziellen Produkt ist die Nutzerfreundlichkeit dagegen ein wichtiges Verkaufsargument, gerade weil es viele OpenSource-Produkte auf dem Markt gibt, die dasselbe leisten. Einige Hersteller investieren deshalb in eine gut ausgearbeitete Nutzeroberfläche (einige, nicht alle). Das kommt gerade den technisch weniger Versierten zugute.
Aber auch für den Webdesigner ist eine aufgeräumte und konsistente Struktur von Vorteil: Sie spart Zeit. Das Konfigurieren eines OpenSource-Systems kann sehr aufwändig sein.
Noch ein Aspekt: Auch der Support kann bei einem Kaufprodukt ein wichtiger Faktor sein. Wir haben beispielsweise gute Erfahrungen mit EllisLab gemacht. Fragen im dortigen Forum werden sehr schnell und kompetent beantwortet.
In einem OpenSource-Forum ist das nicht immer so, man bekommt nicht selten unbrauchbare Vorschläge oder wartet vergeblich auf eine Antwort.
Wer hat das KnowHow?
Es wird oft als Nachteil gesehen, wenn KnowHow und Entwicklung in der Hand eines einzelnen Unternehmens liegen. Die Firma könnte die Lust verlieren oder pleite gehen.
Die Unternehmen wissen um dieses Risiko und fahren deshalb oft eine Doppelstrategie. ExpressionEngine basiert zum Beispiel auf dem OpenSource-Framework CodeIgniter. Das verschafft Entwicklern einen Zugang und sie können Erweiterungen zu ExpressionEngine entwickeln.
Merkmale OpenSource-CMS
- Viele Erweiterungen
- Große Community
- KnowHow Entwickler: für Einsteiger geeignet
- Dokumentation und Support auch auf Deutsch
Merkmale lizensiertes CMS
- Einfache Installation
- Gute Nutzerführung
- Schneller und kompetenter Support
- Dokumentation und Support oft nur englisch
Und die Lizenzgebühr?
Eigentlich ist es eine ziemlich einfache Rechnung. Das Aufsetzen eines Projektes mit OpenSource-Software kostet meiner Erfahrung nach mehr Zeit. OpenSource-Software funktioniert zwar im Prinzip „out of the box“, aber es tauchen bei vielen Projekten Fragen auf, die mit selbsterdachten Workarounds und speziellen Anpassungen im Code gelöst werden müssen.
Wenn diese Zeit einem Kunden in Rechnung gestellt wird, fällt die Lizenzgebühr ganz schnell nicht mehr ins Gewicht.
Fazit
Für private Webseiten oder Projekte, die in Eigenleistung erstellt werden, lohnt sich die Investition in eine Lizenz nicht. Auch für Entwickler, die sich in CMS-Applikationen einarbeiten wollen, bieten OpenSource-Frameworks den idealen Einstieg.
Grundsätzlich sollte man die Entscheidung für ein CMS ausschließlich und allein von den Anforderungen des Projekts abhängig machen. Es gibt nicht das System, das immer passt. So gerne ich jedem Kunden WordPress verkaufen möchte ;o)
Kommentare
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Diese Entscheidung – OpenSource oder nicht – hat mich tatsächlich in den letzten Monaten immer wieder bewegt.
Von der Idee her finde ich OpenSource-Projekte eine tolle Sache. Auf der anderen Seite empfinde ich es im Arbeitsalltag mittlerweile oft als große Entlastung, wenn ein System „einfach“ funktioniert.
Dein Fazit würde ich nicht ganz mit unterschreiben wollen; wenn ZEIT keine Rolle spielt, aber das Geld sehr knapp ist, dann ist es für private Projekte oder Projekte in Eigenleistung besser, ein OpenSource CMS zu nutzen.
Meine Erfahrung ist aber eher, dass diese „Sparmethode“ leicht zur Augenwischerei wird. Oft verlieren solche Projekte durch langwierige Bastelaktionen mehr als den Gegenwert für die Lizenz fürs Redaktionssystem. Das wird leider gern übersehen.
„Kostenlos“ ist nicht notwendigerweise wirklich ohne Kosten.